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Wenn die Politik eine Unternehmensfusion vorantreibt

Politik & Wirtschaft

28.08.2019

Nora Heer

Wenn die Politik eine Unternehmensfusion vorantreibt

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) fand die Idee einer deutschen Großbank nicht nur charmant, sondern nahezu unabdingbar. Die deutschen Banken, so sein Tenor, seien nicht groß genug, um weltweit agieren (und so auch deutsche Unternehmen unterstützen) zu können. Scholz, so die Tagesschau, soll daher darauf gedrängt haben, dass die Chefs der Commerzbank und der Deutschen Bank über eine Fusion sprechen.

 

Der Traum ist zu Ende, bevor er richtig begann

Nun ist die Fusion geplatzt. Und zwar bereits wenige Wochen nach den ersten Gesprächen im März. Stattdessen ist das Gerüchtekarussell eröffnet: Soll die Commerzbank unter das Dach der Unicredit oder vielleicht der ING schlüpfen? Kann so doch noch eine größere Bank entstehen? Eine rein deutsche Bank wäre das jedoch nicht mehr, denn die Unicredit ist ein Tochterunternehmen der italienischen Unicredit-Holding und die ING gehört zur niederländischen ING-Gruppe. Was auch immer im Nachgang passiert: Das Ganze bringt Unruhe sowohl in die Belegschaften als auch bei den Kunden und Aktieneignern. Stellt sich die Frage: Ist es überhaupt sinnvoll, dass sich die Politik in die Belange von Unternehmen einmischt? Sollten Fusionspläne nicht besser von den beteiligten Unternehmen direkt ausgehen?

 

Dafür spricht einiges. Es gibt – jedenfalls meistens – weniger Lärm um Nichts. Die Mitarbeiter und Kunden werden nicht durch immer neue Meldungen aufgescheucht. Es gibt also insgesamt weniger Unruhe. Denn eine Fusion, insbesondere eine so große wie die angedachte, braucht nichts dringender als Ruhe. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie die Betriebsräte und Gewerkschaften müssen mitgenommen und bei der Planung einbezogen werden. Denn klar ist: Eine Fusion geht immer mit Umstrukturierungen im Unternehmen einher. Welche das sein sollen, kann nicht nur von „ganz oben“ entschieden werden, die verschiedenen Abteilungen müssen analysiert und befragt werden, zum Beispiel um Synergien zu erkennen: Wie können ähnliche Abteilungen so umstrukturiert werden, dass das Beste aus beiden Welten zum Tragen kommt? Was kann in Zukunft besser gemacht werden? Und vor allem: Wie können den Mitarbeitern die Ängste vor den Veränderungen und vor einer Entlassung genommen werden?

Zu viel Aufmerksamkeit behindert den Fusionsprozess

Das alles ist weitaus schwieriger, wenn schon die ersten Gespräche über eine mögliche Fusion im Blickpunkt der Öffentlichkeit stehen und die Medien – wie beim Fußball – beginnen, nicht nur das von den Unternehmenschefs Gesagte, sondern auch deren Gesichtsausdrücke und Gesten zu analysieren und zu kommentieren. Hinzukommt: Es ist nicht Aufgabe der Politik, Unternehmensfusionen anzuschieben oder sogar auf sie zu drängen, denn das ist ein Eingriff in die unternehmerische Freiheit. Zwar liegt die letzte Entscheidung darüber, was passiert, natürlich bei den Unternehmen, doch wird der politische Druck groß, erhöht sich auch die Gefahr, dass Entschlüsse übereilt getroffen und umgesetzt werden. Und das kann insbesondere beim Thema Fusion in einem Debakel enden. Denn die Unzufriedenheit in den beteiligten Unternehmen steigt. Als Folge sinkt oft auch die Arbeitsleistung. Doch nicht nur das: Verärgerte Mitarbeiter lassen sich häufig schlecht über ihr Unternehmen aus, wodurch das Unternehmen in der Öffentlichkeit unter Umständen in ein schlechtes Licht rückt. Auch die Betriebsräte sind ohne vorherige Gespräche mit der Arbeitgeberseite zu weniger Eingeständnissen bereit. Keine guten Voraussetzungen für eine Fusion.

 

Aus all diesen Gründen ist es für die beteiligten Unternehmen von Vorteil, dass die Fusion zwischen Commerzbank und Deutscher Bank nicht weiter vorangetrieben wurde. Beim nächsten Mal sollte sich daher auch die Politik gut überlegen, ob sie sich erneut in Unternehmensbelange einmischt.

 


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